Heißhunger auf Süßes kennt fast jeder. Du verbietest dir erfolgreich bestimmte Lebensmittel. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, greifst du zu – ohne auf die Stoppsignale deines Körpers zu achten. Doch mit ein wenig Übung kannst du dieses Essverhalten kontrollieren. Ich verrate dir, warum wir uns bestimmte Lebensmittel überhaupt verbieten, weshalb wir oftmals mit übermäßigen Essensmengen darauf reagieren und mit welchen Schritten du eine gesündere Einstellung zu deinen verbotenen Lebensmitteln bekommst.
Schokolade, Gummibärchen, Chips – es gibt zahlreiche Süßigkeiten, die wir uns regelmäßig verbieten. Doch diese Beispiele sind im Prinzip nur Platzhalter für weitere Nahrungsmittel, die bei vielen ebenfalls tabu sind.
Auch Nudeln, Brot oder Pizza stehen häufig auf der roten Liste – zu viele Kohlenhydrate. Vor allem die immer präsente Diät-Kultur hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass bestimmte Lebensmittel oder Gerichte einen schalen Beigeschmack hinterlassen, wenn man sie sich doch einmal gönnt.
Ein kompletter Verzicht ist meist jedoch auch keine dauerhafte und gesunde Lösung. Ich möchte dir zeigen, warum strikte Verbote psychologisch betrachtet nicht immer ratsam sind und dir eine kleine Anleitung mitgeben, wie du stattdessen wieder einen gesunden Umgang zu den „verbotenen Lebensmitteln“ aufbauen kannst. Mit der Zeit wird dadurch auch dein Heißhunger auf Süßes weniger werden und verschwindet vielleicht sogar ganz.
Niemand ist perfekt. Auch ich hatte jahrelang eine ungesunde Beziehung zu einigen Lebensmitteln, die ich mir strikt untersagte. Meine Liste war sogar richtig lang, denn ich war überzeugt, dass mich bestimmte Nahrungsmittel augenblicklich dick machen würden. Also habe ich sie einfach nicht gegessen!
Als ich noch bei meinen Eltern wohnte, waren diese Dinge für mich rund um die Uhr zugänglich, der Schrank mit den Weingummis (ja, das ist meine große Schwäche!) wurde immer nachgefüllt.
Mit meiner ersten eigenen Wohnung sollte sich das nun ändern. Ich habe diese Lebensmittel einfach konsequent von der Einkaufsliste gestrichen. Gewisse Regale blendete ich im Supermarkt einfach aus. Ich war mir sicher diese Rechnung würde aufgehen: Lebensmittel, die man nicht im Haus hat, kann man auch nicht essen.
Ich muss zugeben: Das stimmt auch! Mit einer großen Portion Disziplin kann jeder auf bestimmte Lebensmittel beim Einkauf verzichten.
Doch aus den Augen, aus dem Sinn funktionierte nur in meinen eigenen vier Wänden. Geburtstage, ein Ausflug zum Bummeln in die Stadt oder der Mädelsabend mit den Freundinnen – es gab zahlreiche Gelegenheiten, bei denen mir die verbotenen Lebensmittel dann doch aufgetischt wurden.
Das Problem kennst du sicher auch: Da sitzt du nun mit deinen Freunden zusammen und alle genießen den entspannten Abend. Es gibt Pizza und zuckerhaltige Getränke, danach erobern Chips und Schoki den Tisch. Deine Freunde greifen beherzt zu und du hast genau zwei Möglichkeiten:
Entweder du versagst es dir komplett. Oder du greifst ebenfalls zu.
Bei mir war zweiteres meist der Fall, jedoch wurde ich dabei schnell maßlos. Ich hatte die leckeren Dinge oft schon seit Monaten nicht mehr gegessen, also habe ich bei solchen Anlässen quasi das nachgeholt, was ich mir zuvor untersagt hatte. Doch damit nicht genug, ich habe auch gebunkert. Die nächste Gelegenheit war noch nicht in Sicht, da musste ich den Moment nutzen und so viel wie nur möglich davon essen.
Je konsequenter ich mir meinen Heißhunger auf Süßes und andere Leckereien verbot, desto maßloser war mein Verhalten, wenn sich doch einmal die Möglichkeit geboten hat.
Es gab natürlich auch Ausnahmen und Abende, an denen ich erfolgreich den Versuchungen widerstanden habe. Doch selten ging es mir gut dabei, denn meine Gedanken haben sich ausnahmslos darum gedreht. Eine gesunde Beziehung zum Essen sieht absolut anders aus!
Vielleicht kommt dir das oben beschriebene Verhalten bekannt vor. Aus meinen zahlreichen Coachings weiß ich, dass Heißhungerattacken auf Süßes nicht selten sind. Doch woher kommt diese komplizierte Beziehung zu bestimmten Nahrungsmitteln?
Meistens bekommen wir schon während unserer Kindheit unbewusst beigebracht, das verschiedenen Lebensmittel unterschiedliche Wertigkeiten haben.
So werden zum Beispiel Süßigkeiten gerne als Belohnung eingesetzt. Hast du dein Zimmer wie besprochen aufgeräumt, bekommst du etwas Süßes zur Belohnung. Süßigkeiten wurden also limitiert – du hast sie nur in einem bestimmten Zusammenhang bekommen. Mehr zum Thema Belohnungsessen findest du hier.
Durch diese Einschränkung wurden diese Lebensmittel auf eine Art Podest erhoben, sie wurden etwas ganz Besonderes.
Wenn wir älter werden, fangen wir häufig selbst an diverse Nahrungsmittel oder bestimmte Gerichte durch Diäten oder strikte Ernährungsformen auf ein Podest zu stellen.
Diese Limitierungen sorgen dafür, dass wir mit der Zeit eine komplizierte und oft ungesunde Einstellung zu bestimmten Nahrungsmitteln entwickeln. Wir haben ein starkes Verlangen nach ihnen – denn limitierte Dinge sind immer attraktiv – verbieten sie uns aber.
Das zeigt sich vor allem in Stresssituationen. Ein einfaches Beispiel: Wahrscheinlich hattest du schon immer einen unbeschränkten Zugang zu Äpfeln. Sie sind gesund und lecker und jederzeit für dich verfügbar, ganz ohne Verbote.
Anders sieht es da mit Schokolade aus. Die ist ungesund, du denkst, dass sie dich dick macht, daher steht sie auf der roten Liste.
Wie oft hast du nach einem emotionalen Tag oder unter Einfluss von Stress zum Apfel gegriffen? Richtig, wahrscheinlich nie!
Schokolade hingegen scheint zu helfen, daher wird die Tafel sehr schnell vertilgt, denn mit nur wenigen Stücken ist es nicht getan.
Heißhunger auf Süßes und die verbotenen Lebensmittel ist daher nicht ungewöhnlich, sondern kommt sogar sehr häufig vor.
Doch weshalb funktionieren wir Menschen so? Warum greifen wir vorzugsweise zu den Dingen, die wir eigentlich nicht essen dürfen und auch ganz genau wissen, warum das so ist? Wieso ist Verbotenes und Limitiertes so verlockend?
Dieses Verhalten lässt sich mit der sogenannten Reaktanztheorie erklären. Diese Theorie besagt, dass wir uns durch Verbote, Vorschriften und Limitierungen eingeschränkt fühlen, was im weiteren Verlauf Einfluss auf unser Handeln hat.
Dabei musst du zwischen zwei Dingen unterscheiden:
Handelt es sich um ein unumgehbares Verbot, an dem du absolut nicht rütteln kannst, zum Beispiel Gesetze, dann rationalisierst du diese Gegebenheiten.
Du findest Erklärungen, warum dieses Verbot in Ordnung ist. Du akzeptierst es und lernst, damit zu leben.
Merkst du allerdings, dass ein Verbot nicht in Stein gemeißelt ist und es ein wenig Spielraum gibt, nutzt du diesen aus. Du reagierst mit der sogenannten Reaktanz, einem inneren Widerstand.
Du fühlst dich in deiner Freiheit eingeschränkt und willst das Verbot jetzt erst recht brechen, denn schlimme Konsequenzen – wie zum Beispiel bei einem Gesetzesbruch – hast du nicht zu befürchten.
Das passiert dir also auch mit deinen verbotenen Lebensmitteln, denn dabei handelt es sich um selbst auferlegte Richtlinien, bei denen durchaus Spielraum besteht.
Im Alltag stellt diese Limitierung für dich kein Problem dar, aber wenn du bei einem Geburtstag vor dem leckeren Buffet oder dem Nachtisch stehst, präsentiert sich dir buchstäblich ein Weg, dieses Verbot zu umgehen.
Und dabei holst du oft das Verpasste in zehnfacher Menge nach. Du rebellierst und versuchst dein eigenes Verbot auf jegliche Art und Weise zu brechen.
Daher ist es vor allem in der Ernährung nicht ratsam, mit strikten Verboten zu arbeiten. Du wirst immer nach dem einen Schlupfloch suchen, wie du deine Einschränkung umgehen kannst (und du wirst es häufig finden!). Dabei wirst du oft übertreiben und deutlich mehr zu dir nehmen, als dein Körper in diesem Moment benötigt. Durch Verbote ist dein Heißhunger auf Süßes daher nahezu vorprogrammiert.
Langfristig machen Verbote bei der Ernährung keinen Sinn. Natürlich kannst du kurzfristig damit ein Ziel erreichen, zum Beispiel einige Kilos abnehmen.
Doch du bekommst ebenso schnell die Quittung dafür. Du steuerst deine Ernährung nur kognitiv und ignorierst konsequent die Bedürfnisse deines Körpers. Essen begleitet dich aber ein Leben lang, daher ist es besonders wichtig, eine gesunde Beziehung aufzubauen. Auch Lebensmittel, zu denen du eine komplizierte Beziehung hast, müssen in deinem Alltag Platz finden, damit du den Umgang mit ihnen lernst und bei besonderen Anlässen entspannt mit damit umgehen kannst.
Daher habe ich drei Schritte für dich, wie du deinen Heißhunger auf Süßes langsam, aber wirksam angehen kannst:
Welche Lebensmittel haben bei dir eine besondere Wertigkeit? Verbietest du dir Schokolade oder Gummibärchen? Sind es Chips und salzige Knabbereien, die limitiert sind? Verzichtest du häufig auf Nudeln oder Brot?
Notiere dir diese Nahrungsmittel und Gerichte und überlege dann, an welchem Punkt in deinem Leben diese Limitierung angefangen hat.
Haben es deine Eltern als Belohnungssystem eingesetzt oder hat sich dein Freund low carb ernährt und daher auf Nudeln und Co verzichtet und du hast es dir abgeguckt? Hast du solche Informationen durch eine Zeitschrift oder einen Blog erfahren und übernommen?
Im nächsten Schritt fängst du an, dich mit diesen “verbotenen Lebensmitteln” zu konfrontieren.
Fange dabei immer mit einer geschlossenen Menge an. Das heißt: Kauf den einzelnen Schokoriegel und nicht die 10er Packung. Fülle dir in einem Unverpackt-Laden bloß eine kleine Menge Nudeln ab, damit es nur für ein Gericht reicht.
Dabei ist es besonders wichtig, dass du mit einer positiven Einstellung an diese Konfrontation gehst.
Du darfst dieses Lebensmittel oder dieses Gericht jetzt essen und genießen! Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, sondern sollst dich dabei gut fühlen.
Der dritte Schritt wird mit einiger Übung von ganz alleine kommen. Denn du wirst automatisch das zuvor verbotene Lebensmittel von seinem Podest holen und es als etwas Normales in deinen Alltag integrieren.
Dann wird es auch kein Problem mehr sein, die Tafel Schokolade im Vorratsschrank zu haben. Genau wie du nur dann zum Apfel greifst, wenn du darauf Lust hast, wirst du nur dann zur Schokolade greifen, wenn dein Körper dir dafür die Signale schickt. Ansonsten schaffst du es, die Schokolade liegenzulassen.
Ich bin mir sicher, dass du mit diesen drei einfachen, aber wirkungsvollen Schritten mit der Zeit weniger Heißhunger auf Süßes haben wirst. Durch einen gesunden Umgang mit Nahrungsmitteln lernst du wieder, auf die Signale deines Körpers zu hören und wirst in Zukunft keine „verbotenen Lebensmittel“ mehr brauchen.
Wie bei allen anderen Umstellungen in der Ernährung braucht auch diese Transformation Zeit und Geduld. Vielleicht wirst du Rückschläge erleben und das ein oder andere Mal übermäßig viel essen. Doch nimm dir danach Zeit, über die Ursache nachzudenken und es als weitere Lektion auf deinem Weg zu akzeptieren. Wie du es schaffst geduldig zu sein, lernst du hier.
Verdrängst du jedoch weiterhin dein Verlangen nach bestimmten Lebensmitteln, wird dich der Heißhunger auf Süßes immer und immer wieder einholen.
Austausch mit anderen ist in solchen Situationen immer sehr hilfreich. Daher möchte ich dich einladen, meiner Facebook-Gruppe beizutreten. Dort findest du viele Gleichgesinnte und auch ich stehe dir zur Verfügung, um deine Fragen zu beantworten.
Heißhunger auf Süßes ist eine natürliche Reaktion auf Verbote, die du dir selbst auferlegst. Psychologisch betrachtet ist es daher sinnlos, langfristig mit Limitierungen zu arbeiten. Setze dich bewusst mit deinen verbotenen Lebensmitteln auseinander und entwickle nach und nach einen gesunden Umgang damit. So kannst du das Stück Schokolade oder deinen Teller Nudeln wieder in vollen Zügen genießen. Wie gehst du mit Heißhunger auf Süßes um? Verrate uns deine besten Tipps in den Kommentaren.
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