„ACHTUNG, DIE DICKE KOMMT“ – WARUM SELBSTIRONIE NICHT IMMER HILFT

Viele Menschen nutzen Selbstironie, um über ihre vermeintlichen Fehler zu lachen, so zum Beispiel auch über ihre Figur mit der sie nicht zufrieden sind. Doch nicht immer hinterlässt das ein positives Gefühl in dir. Ich zeige dir, in welchen Situationen ein selbstironischer Umgang hilfreich ist und wann du lieber darauf verzichten solltest.

 

WIE SINNVOLL IST SELBSTIRONIE?

Es gibt Momente im Leben, da gehen wir alle mehr oder weniger selbstironisch mit uns um. Vor allem, wenn es um unseren Körper oder das Selbstbild geht. Wir neigen dazu, uns selbst auf den Arm zu nehmen, sogar ein bisschen durch den Dreck zu ziehen.

In manchen Situationen ist das eine gute Methode, die uns hilft, leichter mit bestimmten Dingen umzugehen. Aber es gibt leider auch Umstände, in denen uns diese Verhaltensweise schadet. 

Daher möchte ich die Selbstironie analysieren und eine Grundlage schaffen, wie du reflektierter damit umgehen kannst. So kannst du immer dann selbstironisch sein, wenn du davon profitierst und davon Abstand nehmen, wenn es dir schlecht geht.

 

IN DIESEN MOMENTEN BIST DU OFT SELBSTIRONISCH

Den eigenen Körper zu akzeptieren, fällt nicht immer einfach. Oft musst du dafür viel Geduld mit dir haben und an deinem Mindset arbeiten, das sich nur langsam umgewöhnt.

Menschen, die mit sich selbst nicht zufrieden sind – egal, ob zu viele Kilos, zu klein oder ein anderer vermeintlicher Makel – nutzen häufig die Selbstironie, um Situationen zu entschärfen.

Eine Situation, die ich selbst erlebt habe, war eine Spritztour mit Freunden. Wir waren fünf Personen, die in einen Kleinwagen passen sollen, es wurde also eng. 

Da ich wusste, dass ich die korpulenteste Person war, was mir in dieser Situation augenscheinlich unangenehm war, ließ ich aus Unsicherheit folgenden Spruch fallen „Na, ob mein dicker Hintern da reinpasst?“

Ich sprach das aus, was die anderen meiner Vermutung nach über mich dachten. Ich machte Witze über meine eigene Figur. Doch innerlich war mir absolut nicht nach Lachen zumute.

 

 

WARUM NUTZEN WIR SELBSTIRONIE?

Warum viele Menschen – mich eingeschlossen – Selbstironie nutzen, hat vor allem zwei Gründe:

 

1. SELBSTSCHUTZ

Wenn du mit deinem Aussehen nicht zufrieden bist, dann leidest du oft darunter und bist dadurch auch extrem verletzlich. Spricht dich jemand auf deinen Körper, deine Größe oder welchen angeblichen Fehler du sonst mit dir trägst, an, dann trifft dich das.

Betrachten wir noch einmal das oben genannte Beispiel mit dem Auto: Natürlich wird es eng, wenn sich fünf erwachsene Personen in ein kleines Auto pressen wollen. Aber da du die korpulentere Person bist, fühlst du dich als einzige dafür verantwortlich.

Alle anderen müssen jetzt zusammenrücken und unbequem sitzen, nur weil du zu viel wiegst. Du fühlst dich als alleiniger Übeltäter und die anderen müssen deswegen leiden.

Deiner Ansicht nach (auch wenn das völliger Schwachsinn ist) denken das übrigens auch alle anderen in diesem Moment. Bevor jemand anderes also einen dummen Spruch in diese Richtung bringt – bevor also jemand anderer dich verletzt – machst du es lieber selbst. 

Damit ziehst du sofort eine Schutzmauer um dich herum und minimierst die Angriffsfläche. Natürlich schmerzt dich diese Aussage trotzdem, aber das ist allemal besser, als es von jemand anderen hören zu müssen. 

Versuchst du die Situation selbstironisch zu meistern, dann suggerierst du den anderen, dass du eigentlich mit dir zufrieden bist und dich akzeptiert hast. Nur leider stimmt das oft eben nicht. 

 

2. EIGENE SCHWÄCHEN MIT SELBSTIRONIE ANNEHMEN

Doch auch das Gegenteil kann der Fall sein – ein anderer Grund für Selbstironie ist es, die eigenen Schwächen und Herausforderungen tatsächlich zu akzeptieren.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir dazu neigen, sehr viel Druck auf uns selbst auszuüben. Wir müssen gefühlt immer 100 % geben, und zwar in allen Lebensbereichen. Dadurch sind wir häufig sehr verbissen und auch gestresst.

Eine gute Portion Selbstironie kann uns wirklich dabei helfen uns selbst anzunehmen. Wenn wir uns selbst manchmal auf die Schippe nehmen, bringt das mehr Leichtigkeit in unseren Alltag.

Das selbstironische Verhalten hilft uns, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und uns gleichzeitig zu akzeptieren, wie wir sind. Voraussetzung dafür ist, dass wir uns mit unseren vermeintlichen Schwächen, genauer gesagt Makel bereits angefreundet haben.

 

WIE KANN DIR SELBSTIRONIE IM ALLTAG HELFEN?

Ziemlich lange ging die Forschung davon aus, dass Selbstironie ausschließlich unglücklich macht. 

Doch neueste Ergebnisse zeigen genau das Gegenteil. Ein selbstironischer Umgang mit sich selbst kann sehr wohl glücklich machen und sogar soziale Beziehungen stärken. 

Auf diese zwei Arten hilft dir Selbstironie:

 

MEHR LEICHTIGKEIT IM LEBEN

Das Leben ist ernst genug. Selbstironie verhilft zu einem leichteren Umgang, weniger Druck und auch weniger Perfektion liefern zu wollen.

Du kannst dein Leben ruhig mit mehr Humor nehmen und deine vermeintlichen Schwächen akzeptieren.

Der andauernde Perfektionismus und der damit verbundene Stress sind sehr eng gekoppelt mit Depressionen. Erfahre mehr dazu im Artikel “Wie Perfektionismus dein Essverhalten beeinflussen kann”.  Über sich selbst zu lachen ist dafür die beste Medizin und verhindert, dass du in eine negative Spirale rutschst, weil du dich nicht perfekt fühlst.

 

BESSERE SOZIALE BINDUNGEN

Menschen haben Schwächen. Du, ich, deine Freunde, deine Familie – wirklich jeder! Doch nach außen hin will das keiner zeigen.

Aber zu perfekten Menschen kannst du nur schwer eine Beziehung aufbauen, denn sie sind scheinbar unnahbar und es gibt kaum Parallelen, die euch verbinden.

Lernst du jedoch jemanden kennen, der offen mit den eigenen Mängeln umgeht, dann kannst du dich viel eher mit dieser Person identifizieren. Ihr habt direkt ein Gesprächsthema. 

Zusätzlich wirken Personen, die sich selbst mit Humor nehmen, deutlich sympathischer, als die vermeintlich perfekte Person.

 

DIE ANDERE SEITE DER SELBSTIRONIE

Goethe hat einmal gesagt: 

„Wer ironisch ist, hat zwar wenig zu verlieren. Aber wer nichts zu verlieren hat, hat auch wenig, wofür es sich lohnt zu leben und zu kämpfen.“

Dieses Zitat fasst wiederum die negativen Auswirkungen von Selbstironie perfekt zusammen.

Jeder Mensch hat Ziele, Wünsche und Leidenschaften, hinter denen sie oder er steht. 

Wenn du aber 100 % für etwas einstehst, dann machst du dich damit angreifbar. 

Schwächst du deine eigene Erwartung und die Erwartung anderer hingegen etwas ab, dann schirmst du dich damit vor möglicher Kritik von außen ab.

Genau das machen wir, wenn wir mit Selbstironie an bestimmte Sachen herangehen.

Nehmen wir beispielsweise das große Vorhaben, endlich Gewicht zu verlieren. Du nimmst es dir vor, bist zu 100 % dabei und möchtest es unbedingt schaffen.

Doch damit bietest du jede Menge Angriffsfläche. Was werden andere von dir denken, wenn du es nicht schaffst? Oder wenn du dir beim gemeinsamen Abendessen doch wieder eine große Pizza statt dem Salat bestellst?

Bist du von Anfang an selbstironisch und zeigst das, dann erleichtert das für dich die Situation. Du kannst deine Figur oder dein Essverhalten jederzeit ins Lächerliche ziehen und bist fein aus der Nummer raus. 

Beispielsweise mit Sprüchen wie: “Ich versuche mal wieder etwas abzunehmen, mal sehen, ob ich diesmal die fünf Kilo Marke erreiche oder ob mir die Schokolade einfach wieder zu gut schmeckt”

Sprüche wie diese geben dir ein Stück Sicherheit. Du hast die Erwartungen dir gegenüber, sowie anderen gegenüber damit heruntergeschraubt und keiner wäre verwundert, wenn du tatsächlich über die Schokolade herfällst.

Aber: Dadurch verlierst du auch den Ansporn und die Motivation, die du für dieses Vorhaben brauchst. Stehst du nicht fest zu dir und schwächst deinen Plan durch selbstironische Sprüche immer wieder ab, dann gibst du auch ein großes Stück deiner Leidenschaft ab.

Du hast Angst zu scheitern und relativierst es dadurch, dass du dich ins Lächerliche ziehst.

Daher kann dir Selbstironie den Weg zu deinem Ziel enorm erschweren. Du gibst dir damit automatisch die Ausrede, warum du dieses oder jenes eben nicht schaffen kannst.

 

SETZE SELBSTIRONIE BEWUSST EIN

Beim ersten Blick können sich Pro und Contra von Selbstironie teilweise widersprechen.

Auf der einen Seite hilft es dir, dein Leben und vor allem deine Schwächen leichter zu nehmen. Auf der anderen führt diese Entspanntheit dazu, dass du deine Ambitionen verlierst. 

Doch du musst jede Situation einzeln betrachten.

Es gibt Dinge, die du selbstironisch annehmen kannst. Du ziehst es ins Lächerliche, lachst mit deinen Freunden darüber und am Ende des Tages stärkt dich das und du gehst nicht daran kaputt.

Benutzt du aber Selbstironie, um dich zu schützen und damit andere dich nicht angreifen können, dann ist das definitiv der falsche Weg. Wenn du am Ende des Tages über diesen Makel unglücklich bist, dann hilft dir die Selbstironie nicht weiter. 

Ist Zweiteres bei dir der Fall, dann solltest du an deinem Mindset arbeiten. Akzeptiere dich selbst, aber wage auch Veränderungen. Du möchtest an deinem Gewicht arbeiten? Dann tue es, aber stehe 100 % dahinter. Verstecke ein mögliches Scheitern nicht hinter deinen schlechten Scherzen über dich.

Du darfst auf deinem Weg auch Rückschläge haben. Du kannst erst einige Kilos abnehmen und dann vielleicht wieder zwei oder drei zunehmen. Veränderung passiert nicht über Nacht und den richtigen Weg für dich zu finden, dauert seine Zeit. Hauptsache, du verlierst nicht deine Ambitionen, es wirklich zu wollen.

Dann wird dich auch garantiert niemand mit blöden Sprüchen angreifen wollen!

 

Selbstironie ist eine Methode, die dir sowohl helfen als auch schaden kann. Daher rate ich dir: Prüfe und bewerte die Situationen individuell und sei nur selbstironisch, wenn es dir damit wirklich gut geht.

Wie gehst du mit dir und deinen vermeintlichen Fehlern um? Deine Meinung interessiert mich, ich freue mich auf einen Kommentar von dir.

 

 

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